24. März 2022  Karin Lackner, Christian Kaier und Lisa Schilhan von der Universität Graz veröffentlichten Anfang 2020 im transcript-Verlag den Praxisguide „Publikationsberatung an Universitäten“. Am 31. März sind sie bei unserem DEAL Praxis-Webinar zu Gast. Vorab haben Sie uns schon ein paar Fragen beantwortet.

An der Universität Graz wurden publikationsunterstützende Angebote 2016 im Rahmen eines strategischen Projektes an der Universitätsbibliothek geschaffen. Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie seither gesammelt haben, und was würden Sie Bibliotheken raten, die sich gerade auf den Weg machen, entsprechende Services aufzubauen?

Karin Lackner: Für uns war es sehr hilfreich, dass wir in der Umsetzung der Idee, an der UB Graz „Publikationsservices“ zu etablieren, viel Gestaltungsspielraum hatten. Wir haben in diesem Prozess gesehen, wie wichtig die Zusammenarbeit und der Wissensaustausch nicht nur bibliotheksintern, sondern auch mit anderen Einheiten an der eigenen Einrichtung, die mit verschiedenen Aspekten des Forschungs- und Publikationsprozesses befasst sind, ist. Dadurch kann man auf bestehenden, über die Institution verstreuten Services aufbauen und profitiert von gegenseitigem Wissen und Erfahrungen. Ich habe die unserer Erfahrung nach wichtigsten Schritte zum Aufbau publikationsunterstützender Angebote in unserem Sammelband in Form eines „Fahrplans“ aufbereitet.

Christian Kaier: Ebenso wichtig ist es angesichts begrenzter Ressourcen, die Grenzen der eigenen Angebote zu definieren. Nicht zu unterschätzen ist einerseits die Vielfalt der Publikationskulturen in den unterschiedlichen Disziplinen, andererseits ist es aber auch herausfordernd, etablierte Forschende davon zu überzeugen, dass wir tatsächlich nützliche und wertvolle Informationen in „ihrem“ Bereich des wissenschaftlichen Publizierens vermitteln können. Besonders bewährt haben sich für uns die regelmäßigen Gespräche mit Forschenden und Vertreter*innen der unterschiedlichen Fachbereiche. Damit stellen wir sicher, dass unsere Angebote auf ihren tatsächlichen Bedarf abgestimmt sind. Außerdem gewinnen wir dadurch Einblicke in die Publikationspraxis.

Welche Services werden von den Forschenden und Studierenden besonders gut angenommen, und was möchten Sie vielleicht noch zukünftig anbieten?

Lisa Schilhan: Insbesondere disziplin- und zielgruppenspezifische Veranstaltungen werden immer stärker nachgefragt. Neben Workshops, die wir selbst gestalten, bieten wir auch immer wieder Veranstaltungen von externen Expert*innen an, aktuell etwa zum Thema Bildrecht. Auch individuelle Beratung per Mail oder Telefon wird gut angenommen, die Fragen drehen sich dabei häufig um die Themen Publikationskosten, Urheberrecht und Lizenzen, Sichtbarkeit und Fake Journals. Derzeit bauen wir unser Angebot in den Bereichen Research Assessment und Open Science aus. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass laufende Weiterbildung in unserem sehr dynamischen, daher aber auch besonders interessanten Arbeitsbereich unerlässlich ist.

Wie kam es zu der Idee, einen Praxisleitfaden zu diesem Thema zu veröffentlichen?

Karin Lackner: Die Idee entstand im Anschluss an einen Vortrag über unsere Angebote bei einer Fachtagung, nachdem wir gefragt wurden, ob wir auch Workshops für Bibliothekar*innen zum Thema Publikationsberatung anbieten. Das Konzept für das Buch und die Mischung aus Beiträgen zu verschiedenen Themen des wissenschaftlichen Publizierens – für die wir auch eine Reihe großartiger Co-Autor*innen gewinnen konnten –, eigenen Erfahrungsberichten und strategischen Überlegungen entstand nach und nach. Wir hoffen, dass wir mit unserem Buch einen wachsenden Informationsbedarf in der Community decken können. Das Buch gab uns darüber hinaus Gelegenheit, eigene Erfahrungen mit der Konzeption und Redaktion eines Sammelbandes sowie dem Verfassen eigener Beiträge sowie mit dem Publikationsprozess eines Open-Access-Buchs zu sammeln. Wir haben uns im Entstehungsprozess unter anderem mit Themen wie Verlagssuche, Verlagsverträge, Finanzierung, Peer Review und der Rolle von Herausgeber*innen beschäftigt. Diese Praxiserfahrung war für uns enorm bereichernd und fließt in unsere Beratungstätigkeit ein.

Wie erleben Sie die Publizierenden, sehen Sie etwa Veränderungen im Publikationsverhalten im Zuge der Open-Access-Transformation?

Lisa Schilhan: Die Zahl der Forschenden, die Open Access publizieren, steigt kontinuierlich an, wohl auch deshalb, weil dies von vielen Fördergebern mittlerweile gefordert wird und im Rahmen von Verlagsabkommen inzwischen sehr unkompliziert – quasi per Knopfdruck – möglich ist. Auch das Argument der Sichtbarkeit eigener Forschungsleistungen scheint bei der Entscheidung für Open Access eine Rolle zu spielen. Tendenziell sind jüngere Forschende leichter von Open Access und Open Science zu überzeugen. Sie sehen sich dann aber häufig mit praktischen Hürden wie unterschiedlichen Rechtsfragen konfrontiert und benötigen praktische Informationen etwa zu Open Science Tools. Hier sollte das Beratungsangebot der Universität auch ausgeweitet werden.

Christian Kaier: Zugleich steigen die Anforderungen von Fördergebern bezüglich Open Access und FAIR Data, denen Forschende unterworfen sind, und damit steigt wiederum die Legitimation von Anlaufstellen, die Unterstützung in diesen Bereichen bieten. Denkt man einen Schritt weiter – über die klassischen wissenschaftlichen Publikationen hinaus – gibt es einen weiteren Bereich „Science to Public“, also externe Wissenschaftskommunikation in die und mit der Bevölkerung. Mit diesem spannenden Thema beschäftigen sich andere Einrichtungen an der Universität Graz, wir verfolgen aber natürlich auch die Entwicklungen und Anforderungen in diesem Bereich.